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Resilienz

Die 7 Säulen der Resilienz

Von Chris Gust

Übungen für mehr innere Widerstandskraft

Resilienz bedeutet psychische Widerstandsfähigkeit. Ursprünglich kommt das Wort Resilienz von dem lateinischen Wort resilire. Das bedeutet zurückspringen, abprallen, nicht anhaften. Resilienz ist somit die Fähigkeit, sich trotz Schicksalsschlägen oder traumatischer Erlebnisse nicht aus der Bahn werfen zu lassen. Sie macht es möglich, dass wir uns davon wieder erholen, ohne eine anhaltende Erkrankung zu entwickeln, die das Leben beeinträchtigt.

Resiliente Menschen verfügen über Stressbewältigungsstrategien, die ihnen helfen, mit Krisen und Problemen umzugehen. Wir sprechen hier von der sogenannten Stressresilienz. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass wir alle Resilienz lernen, bzw. unsere eigene psychische Widerstandskraft stärken kann, denn unser Gehirn hat die Fähigkeit, sich zu verändern. Das nennt man neuronale Plastizität. Übersetzt heißt dies, dass wir unserem Gehirn immer wieder neues beibringen, gespeicherte Informationen „umprogrammieren“ können.

Es gibt viele Studien, in denen getestet und untersucht wurde, in welcher Form wir Einfluss auf unsere Resilienz haben, wie wir sie stärken können. Es gibt viele verschiedene Ansätze und Konzepte, die sich in ihren Hauptbestandteilen aber sehr ähneln. Wir wollen uns in diesem Blogbeitrag an dem Konzept der sieben Resilienzsäulen von Ursula Nuber orientieren, welches aufgrund seiner Übersichtlichkeit sehr beliebt ist.

Warum sollten wir unsere Resilienz trainieren?

Wir alle erleben in unserem Leben Enttäuschungen, Schicksalsschläge, Sorgen oder allgemein Ungerechtigkeiten oder Unschönes. Je besser es um unsere psychische Widerstandsfähigkeit bestellt ist, umso besser können wir all dem etwas entgegensetzen. Sie schützt uns davor, komplett zu verzweifeln oder an etwas zu zerbrechen, und unterstütz uns dabei, wieder Mut zu fassen und weiterzumachen. Im besten Fall gehen wir gestärkt aus schwierigen Situationen hervor und haben sogar noch etwas dazu gelernt.

„Du kannst die Wellen im Leben nicht vermeiden, aber Du kannst lernen, sie zu surfen oder Dich sanft und in tiefem Vertrauen von ihnen tragen zu lassen.

Resilienz ist nicht angeboren, sondern erlernbar. Mithilfe der sieben Resilienzfaktoren oder Resilienzsäulen können wir konkret und Schritt für Schritt unsere innere Widerstandskraft stärken und lernen auf den Wellen unseres Lebens zu surfen.

Die sieben Säulen der Resilienz:

#1 – Optimismus

Menschen, die von Natur aus optimistisch sind, haben auch von Natur aus eine bessere Resilienz. Sie glauben daran, dass sich Dinge schon fügen bzw. entwickeln werden und trauen sich selbst zu, mit den verschiedenen Situationen im Leben umgehen zu können. Und damit ist kein ungesunder Optimismus gemeint, der komplett überzogen und unrealistisch ist, sondern einfach eine zuversichtliche und positive Grundhaltung. Gesunder Optimismus bedeutet auch, dass wir in der Lage sind, Chancen und Möglichkeiten, die sich uns bieten, zu erkennen. Wie wir nun wissen, kann unser Gehirn immer wieder neues lernen, dies bedeutet auch, dass Menschen, die eher zu den Pessimisten zählen, ihr Denken auch Stück für Stück in eine andere Bahnen lenken können.

Übung für mehr gesunden Optimismus:

Stecke dir morgens drei Steinchen in die linke Hosentasche. Bei jedem schönen Moment am Tag lässt du ein Steinchen in die andere Tasche wandern.

Am Abend nimmst Du die Steinchen aus der Tasche und erinnerst Dich an die schönen Momente des Tages. Es dauert nicht lang, und wir beginnen bereits tagsüber Situationen anders wahrzunehmen und sogar nach positiven Aspekten in nicht so schönen Momenten zu schauen.

#2 – Akzeptanz

Menschen, die sich aus mentaler Überlastung herausarbeiten möchten, kommen an der Sache mit der Akzeptanz nicht vorbei. Akzeptanz ist nicht zu verwechseln mit aufgeben oder kapitulieren, es bedeutet nicht mehr im Kampf mit dem was ist zu sein und von diesem Punkt aus die folgerichtig erscheinenden Entscheidungen zu treffen. Resiliente Menschen akzeptieren Pech, Ärger, Rückschläge, Enttäuschungen und Widrigkeiten im Leben. Sie müssen sie nicht toll finden, aber sie akzeptieren, dass das Leben nun mal aus Ups and Downs besteht. Gleichzeitig fällt es resilienten Menschen auch besser, sich selbst und andere so zu akzeptieren, wie sie sind. Sie erkennen, wo sie aktiv ins Handeln kommen können, um etwas zu verändern und wo es schlicht und ergreifend außerhalb ihrer Kontrolle liegt.

Übung für mehr Akzeptanz

Was belastet dich gerade? Frage Dich, ob es irgendetwas gibt, was Du tun kannst, um diese Belastung aufzulösen. Stelle fest, welche Rahmenbedingungen es gibt und ob Du durch eine Handlung oder Entscheidung von Dir etwas beeinflussen kannst. Wenn ja: tu das. Wenn nein: mach Dir klar, dass einiges nicht in unsrer Macht liegt. Es ist, was es ist, aber Du entscheidest, wie Du damit umgehst. Schreibe Dir Deine Gedanken dazu gern auf, das ist ein Akt des Loslassens.

#3 – Lösungsorientierung

Ähnlich wie bei der dankbaren und optimistischen Grundhaltung richten resiliente Menschen ihre Aufmerksamkeit weg von Problemen und hin zu Chancen und Lösungen. Das bedeutet nicht, dass sie nicht grübeln, aber sie verzetteln sich dabei nicht in negativen Gedankenmustern, sondern suchen nach einer möglichen Lösung. Würde man das mit einem Suchmaschinenauftrag vergleichen könnte folgendes Beispiel die Haltung gut erklären: Nehmen wir an, jemand hat seit einiger Zeit mit Rückenschmerzen zu tun, aber aus medizinischer Sicht liegt nichts Schlimmes vor. Menschen mit nicht so guter Resilienz werden ihre Suche nun vielleicht nach möglichen Ursachen ausrichten, sich selbst leid tun, und in eine Schon- oder Opferhaltung rutschen. Jemand, der resilient und dadurch lösungsorientiert ist, wird sich nun nach Techniken und Übungen umschauen, herausfinden, inwiefern man eine Besserung über die Ernährung beeinflussen kann, usw.  bekommen.

Übung für mehr Lösungsorientierung:

Wenn Du eher zu den pessimistischen Menschen gehörst, mache Dir grundsätzlich klar, dass dies nicht so bleiben muss. Suche Dir in Deinem Bekanntenkreis ein Vorbild. Einen Menschen, den Du für seine Zuversicht und Aktivität im Hinblick auf den Umgang mit Herausforderungen von bewunderst. Frage Dich immer wieder, wenn eine Entscheidung für Dich ansteht, wie dieser Mensch da jetzt wohl rangehen würde. Es kann auch hilfreich sein, sich erst einmal zu erden, wenn eine Schwierigkeit auftaucht. Mach Dir klar, dass Du schon viele solcher Situationen gemeistert hast, von denen Du erst dachtest, sie überfordern Dich komplett.  Stelle dich am besten mit nackten Füßen auf den Boden. Lege Dir eine Hand auf den Bauch und prüfe, ob Du dorthin atmest, sonst leite Deinen Atem dorthin. Atme nun dreimal tief durch die Nase ein und durch den Mund aus. Komme so in den Moment und bei Dir an und konzentriere Dich darauf, dass Du eine Lösung finden möchtest und wirst.

#4 – Opferrolle verlassen/Selbstwirksamkeit

Passen zur lösungsorientierten Handeln müssen wir uns auch ehrlich damit auseinandersetzen, wie wir grundsätzlich mit Rückschlägen, Problemen und Konflikten umgehen? Verlierst Du Dich in Selbstmitleid, bleibst passiv und damit in der Opferrolle? Wir müssen etwas ändern, damit sich etwas ändern kann. Niemand außer uns selbst kann das tun. Die Opferrolle ist zwar auf den ersten Blick sehr bequem, aber langfristig geht sie komplett für uns nach hinten los. Resiliente Menschen sind davon überzeugt, dass sie Herausforderungen schon irgendwie wuppen werden. Diese Einstellung nennt man Selbstwirksamkeitserwartung.

Übung, um aus der Opferrolle herauszutreten:

Mache dir bewusst, wann du in der Opferrolle bist! Dabei geht es nicht darum, Dich dafür zu verurteilen, denn dieses Verhalten ist sehr menschlich. Neid, Rachegelüste und Selbstmitleid können deutliche Anzeichen dafür sein, dass Du wie ein jammernder Käfer auf dem Boden liegst. Frage Dich, was ein erster Schritt sein könnte, um deine passive Rolle zu verlassen? Wenn Du Dir, um beim obigen Beispiel zu bleiben, leid tust, dass Du Rückenschmerzen hast und gar nicht verstehst, warum ausgerechnet Dir das passiert, dann starte mit dem Herausfinden einer Übung, bei der Du Dir ja beim Ausführen trotzdem noch leid tun kannst, Dir aber sagst: „Nützt ja nix.“. Du wirst sehen, aktiv zu werden fühlt sich viel besser an.

# 5 – Verantwortung übernehmen

Verantwortung zu übernehmen ist sozusagen die logische Konsequenz, wenn wir nicht in der Opferrolle verharren wollen. Resiliente Menschen übernehmen Verantwortung für ihr Leben. Sie treffen eigenständige Entscheidungen, sind in der Lage, um Hilfe zu bitten und können auch Verantwortung abgeben. Verantwortung zu übernehmen kann auch bedeuten, dass wir uns eingestehen müssen, wenn wir an einer Situation nicht ganz unschuldig sind. Sei es, dass alte Glaubenssätze und Verhaltensmuster uns dorthin bugsiert haben, oder wir einen Fehler gemacht haben. Nichts davon ist schlimm, wir müssen uns dessen aber bewusst werden um dann für uns klären zu können, welchen Einfluss wir haben und was wir tun können.

Mentale Hilfe zur Verantwortungsübernahme:

Wenn du das nächste Mal in einer schwierigen Situation bist, sieh dich nicht als Teil des Problems, sondern als Teil der Lösung!

#6 – soziales Netz

Resiliente Menschen haben oft ein haltgebendes soziales Netz und können Hilfe annehmen. Es gibt auch Studien aus der positiven Psychologie, die zeigen, dass Menschen mit gesunden Beziehungen zufriedener sind und weniger Stress erleben. Überprüfe Deine Kontakte mal im Hinblick darauf, auf wen Du zählen kannst und wem Du vertraust. Sind es ausgeglichene Beziehungen im Hinblick auf geben und nehmen? Wir von jumiwi wissen natürlich, wie wichtig soziale Kontakte sind, das ist mit ein Grund, warum es uns so wichtig ist, diese Community noch viel weiter auszubauen.

Übung in Bezug auf Dein soziales Netz:

Mach´ mal einen Check-in: Welche Menschen geben Dir Energie, welche strengen Dich an? Bei wem kannst Du ganz Du selbst sein und bei welchen Menschen ertappst Du Dich beim genauen Hinsehen, dass Du in eine Rolle schlüpfst? Wenn Du bei dieser Bestandsaufnahme feststellst, dass einige Beziehungen Dich nicht glücklich machen, bedeutet das nicht gleich das Ende dieser Beziehung. Lerne offen, respektvoll und wertschätzend den anderen Menschen gegenüber, Deine Wünsche und Bedürfnisse zu kommunizieren und schau, ob ihr nicht gemeinsam in eine viel erfüllendere Beziehung wachsen könnt. Das steigert dann die Resilienz für Euch beide.

#7 – Zukunftsorientierung

Resiliente Menschen ergreifen von sich aus die Initiative, sind aktiv und warten nicht bloß ab, was die Zukunft bringt, um dann nur reagieren zu können. Die Kombination aus den vorigen Punkten führt uns eigentlich schon dazu uns zu überlegen, wie wir uns unsere Zukunft vorstellen, welche Ziele wir haben und was wir unabhängig von den Umständen tun können, um uns all dem zu nähern. Wenn wir zukunftsorientiert sind, sind wir uns unserer Stärken und Ressourcen bewusst und bereits, diese aktiv einzusetzen. Selbstwirksamkeit und Selbstvertrauen sind essentiell für eine zukunftsorientierte Haltung.

Übung für mehr Zukunfsorientierung

Mache Dir klar, wie oft Du in Deinem Leben schon gedacht hast, dass grade gar nichts mehr geht. Wie oft Du schon hilflos, traurig oder verzweifelt warst. Ob Liebeskummer, Jobsorgen oder finanzielle Engpässe… wenn Du diesen Artikel liest, hast Du es trotzdem bis hierhin geschafft. Mache Dir immer wieder Deine Stärken bewusst!

Glaube an Dich! Du bist so viel stärker als Du denkst.