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Toxische Beziehungen

Wenn Liebe mehr schadet, als dass sie gut tut.

Von Chris Gust

Die Bezeichnung „toxische Beziehung“ ist in den letzten Jahren ganz schön überstrapaziert bzw. ausgelutscht worden, hm? Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass es für jeden Menschen, und ganz besonders für Menschen mit psychischen Erkrankungen, richtig wichtig ist, jegliche zwischenmenschliche Beziehungen mal genauer unter die Lupe zu nehmen.

Denn grundsätzlich bedeutet toxisch einfach giftig… also bedeutet toxische Beziehung so ganz auf´s Wesentliche reduziert zunächst einmal, dass sie schlicht und ergreifend nicht gesund für uns ist. Ist ja auch logisch irgendwie, wenn etwas giftig ist, oder? Wie in den meisten Fällen gilt: die Menge macht das Gift. Mal eine Stichelei aus verletzter Eitelkeit kann sicherlich ganz easy unter „ist eben auch nur ein Mensch“ abgehakt werden, aber ständig solchen ausgesetzt zu sein, kann nicht gut sein.

Viele toxische Beziehungen sind gar nicht leicht zu erkennen, sie können uns im Job, im Bekannten- und Freundeskreis, in der Familie und in der eigenen Beziehung begegnen. Häufig spielen narzisstische und manipulative Verhaltensweisen eine Rolle und nochmal: es kommt darauf an, in welchem Ausmaß dies passiert und wie es den Betroffenen dabei geht.

 

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird bei einer toxischen Beziehung meist davon ausgegangen, dass es einen Täter oder eine Täterin und ein Opfer gibt. Klar gibt es solche Beziehungen, aber selbst mit einem narzisstischen Partner oder einer narzisstischen Partnerin spielt auch immer eine Rolle, wie der andere Part in der Beziehung darauf reagiert. Das soll Fehlverhalten nicht entschuldigen, aber eine engstirnige Opfer-Täter-Definition ist zumindest mit Vorsicht zu genießen.

Wie schon gesagt, sind toxische Beziehungen verdammt schwer zu erkennen und genau deshalb tappen auch viele – nicht selten sogar wiederholt – in solche Beziehungsfallen oder Muster. Oh, und ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer und hart es sein kann, sich daraus zu befreien, aber es ist möglich!

Ich möchte aber auch ganz klar sagen, dass es nicht nur die extremen Beziehungen, also Täter-Opfer, gibt, sondern dass uns auch auf andere Art und in unserer Gesellschaft noch viel zu wenig thematisiert, Beziehungen wirklich schaden und schlauchen können, auch wenn die Giftdosis sozusagen eine andere oder geringer ist.

Aber nochmal zum Grundsätzlichem: in jeglichen zwischenmenschlichen Beziehungen prallen beim Zusammenkommen tatsächlich Welten aufeinander, denn wir alle schleppen unsere kleineren und größeren Traumata, Prägungen und Muster mit uns herum. Das bedeutet, es ist normal, dass nach der ersten Euphorie, sei es in einer Partnerschaft oder in einer Freundschaft, ach und eigentlich auch im Job, Ernüchterung einsetzt und uns einiges, was uns zu Beginn vielleicht leicht debil verzückt lächeln ließ, nun wurmt, nervt oder richtig, richtig ankotzt.

Bei einer respektvollen Beziehung auf Augenhöhe kommt es auch mal zu Diskussionen oder gar einem Streit, aber danach wird´s in der Regel auch eine Versöhnung oder gleichberechtigte Einigung geben, denn gesunde Menschen sind in der Lage, Fehler einzugestehen und zuzugeben, wenn sie sich verrannt haben o.Ä. Außerdem zeigen sich gesunde Beziehungen auch dadurch, dass die Partner und Partnerin sich bei positiven Erlebnissen füreinander freuen und sich bei neuen Zielen oder Herausforderungen gegenseitig unterstützen.

Toxisch wird eine Beziehung, wenn das alles nicht so gelebt wird. Unabhängig vom Lebensbereich ist eine Beziehung immer dann ungesund, wenn ein Mensch dauerhaft in dieser Beziehung leidet, immer unglücklicher und unsicherer wird.

Manche Menschen manipulieren andere und wollen immer ihren Willen durchsetzen, sie gönnen anderen keine Erfolge und setzen alles daran, die berühmten „Hosen“ anzuhaben und den Partner oder die Partnerin klein zu machen und klein zu halten… läuft eine Beziehung ausschließlich nach diesem Schema ab, nimm´ die Füße in die Hand und lauf´!

Das deutlichste Indiz für eine toxische Beziehung ist übrigens nach wie vor deine Intuition, das berühmte Bauchgefühl! Und das selbst wenn du daran jetzt vielleicht gerade noch zweifelst.

Du kannst einen ziemlich einfachen Check in Bezug auf die Menschen in Deinem Leben durchführen. Nimm Dir einfach mal einen Moment Zeit, mach es Dir gemütlich und „versammle“ gedanklich mal all die Menschen, mit denen du regelmäßig zu tun hast.

Du kannst das der Einfachheit halber nach den verschiedenen Lebensbereichen aufteilen. Job, Bekanntschaften, Freundschaften, Familie und Partnerschaft.

Denk jeweils an einen Menschen zur Zeit.

Fangen wir doch mal mit deinem Chef oder deiner Chefin an. Wenn du wie ich selbständig bist, denke vielleicht an Kunden oder Kundinnen, mit denen du häufig zu tun hast.

Was hast du beim Gedanken an diesen Menschen als allererstes für ein Gefühl in dir?

Und damit meine ich nicht irgendeinen Zeitdruck oder allgemeinen Arbeitsfrust, sondern beziehe dich bitte wirklich nur auf die Person an sich. Was fühlst du?

Ist der Gedanke angenehm? Magst du sie oder ihn? Fühlst du dich respektvoll und wertschätzend behandelt? Wirst du von ihr oder ihm unterstützt?

Dieses erste Gefühl ist eine blitzschnelle Auswertung deines Systems aus vergangenen Erlebnissen mit dieser Person und deinen Gefühlen dabei. Das gefällt mir als Sensibelchen natürlich mega und ich finde es absolut phantastisch, was für ein Wunderwerk unser System ist, dass solche Schwingungen und Reaktionen möglich sind. Ich für meinen Teil kann sagen, dass mein Instinkt mich eigentlich nie betrogen hat, ich selbst habe es nur manches Mal nicht wahrhaben wollen.

Nach und nach kannst du diesen Check mit all den Menschen in Deinem Leben machen… denen in deinem Freundes- oder Bekanntenkreis, deiner Familie und deiner Partnerschaft.

Dass du dich mit einer Person zur Zeit beschäftigen sollst hat folgenden Hintergrund: besonders in Familien oder Freundschaften neigen wir dazu, gruppentypisches Verhalten als gegeben hinzunehmen und den betroffenen einzelnen sozusagen diese Gruppenbewertung auch als Individuum überzustülpen, aber bei genauerem Hinsehen müssen wir, wenn wir ehrlich sind, nachjustieren, weil jeder einzelne Mensch eben auch wieder beeinflusst vom Verhalten anderer ist und alleine vermutlich ganz anders ist.

Es ist erstaunlich, was allein durch dieses bewusste Hinterfragen des Verhältnisses für ein Perspektivwechsel stattfinden kann… und noch mehr, wie das deine Welt auf den Kopf stellen kann.

Das heißt nicht zwangsläufig, dass das negativ ist. Im Gegenteil, im Idealfall sind die Menschen um dich herum ja alle wie sie da sind, für dich mit einem guten, liebevollen Gefühl, verknüpft.

Wohlig, vertraut, geborgen.

Aber bei der Freundin, die dich immer wieder vertröstet, immer nur von sich erzählt und regelmäßig kurz vor knapp Verabredungen absagt hast du sofort ein mulmiges Gefühl? Dann frage dich im nächsten Step, was du an dieser Person schätzt. Warum bist du mit ihr befreundet? Ist das Freundschaft, was euch verbindet, oder ist es deine Sehnsucht nach einer Freundschaft?

Familienfeiern sorgen schon Tage vorher für Magenschmerzen bei dir?

Du wirst ständig aufgezogen oder deine Pläne nicht ernst genommen? Du betrittst das Haus und bist wieder 6 Jahre alt und lässt alles über dich ergehen, weil die nun mal so sind? Und sie meinen das ja sicher auch nicht böse?

Nun, wenn sie dich wirklich lieben und es nicht böse meinen, dann kannst du ansprechen, was ihr Verhalten mit dir macht und ihr werdet gemeinsam nach Lösungen suchen und das verändern, du musst es nicht dabei lassen.

Die Feiern in deinem Bekanntenkreis sind lustig, aber dir geht es gegen den Strich, wie eine bestimmte Person ständig hinter dem Rücken von anderen über diese herzieht? Warum sagst du nichts dazu? Und wenn du schon etwas gesagt hast, und der- oder diejenige das abgetan hat, warum verbringst du dann noch deine kostbare Lebenszeit mit ihm oder ihr?

All das sind schon im Kleinen toxische Verbindungen. Ganz einfach, weil sie dir nicht gut tun. Sie erhöhen unsere Anspannung bereits im negativen Sinne im Vorfeld und sollten von dir zumindest mal auf ihre Daseinsberechtigung hinterfragt werden.

Das bedeutet nicht, dass du mit all diesen Menschen sofort brechen sollst, aber du musst es dennoch nicht immer wieder hinnehmen und dabei belassen. Wie bereits erwähnt, spielen ja auch bei den anderen Faktoren mit hinein, von denen wir nichts wissen. Deswegen kann es auch durchaus zu Überraschungen kommen, wenn du solche mulmigen Punkte ansprichst.

Vielleicht stellt sich bei einem offenen Gespräch heraus, dass diese Freundin selbst ziemliche Probleme hat und schlichtweg manches Mal überfordert ist und deshalb absagt. Möglicherweise ist sie dir total dankbar, wenn du sie direkt ansprichst und sie sich endlich mal jemandem öffnen kann… ich glaube du weißt, wie ich das meine, oder? Ich meine, besonders die Panikler unter den Zuhörenden haben gerade wahrscheinlich still vor sich hingenickt, oder?

Lass diese andere Sichtweise einfach mal in dir ankommen, du musst gar nichts weiter tun, wenn es dich sehr beschäftigt, ergibt sich alles weitere von selbst.

Von den klassischen toxischen Beziehungen sprechen wir meistens nur in Bezug auf unsere Partnerschaften. Logo, da diese in der Regel unsere intensivsten Beziehungen sind, haben sie auch den größten Einfluss auf uns.

Und natürlich wollen wir nicht, dass uns Beziehungen unglücklich machen, das sucht sich ja niemand aus, obwohl, das muss ich genauer formulieren: es sucht sich niemand bewusst aus…

Unbewusst geschieht genau das teilweise tatsächlich.

Wenn eine Beziehung sich so entwickelt, dass ein Part immer unglücklicher wird, nicht mehr authentisch sein kann und immer auf der Hut ist, es dem anderen Part recht zu machen, ist das alles andere als gesund.

Dann entwickelt sich mit der Zeit auch eine gewisse Ambivalenz in uns. Denn wenn wir beginnen, Anzeichen dafür, dass diese Beziehung uns nicht guttut, zu bemerken, wir das aber nicht wahrhaben wollen, denn eigentlich wollen wir ja, dass diese Beziehung glücklich ist und kein Haar in der Suppe finden, beginnen wir Wahrheiten zu deckeln, wir tragen diese verschiedenen Gefühle dann in uns und dort sorgen sie für alles andere als eine ausgeglichene Stimmung.

Tückisch ist bei dieser Nummer mit den Partnerschaften ja, dass je mehr uns jemand bedeutet, umso nachsichtiger sind wir in der Regel auch und versuchen selbst unschönes Verhalten irgendwie zu entschuldigen oder Erklärungen dafür zu finden.

Deshalb trifft „Hinterher ist man immer schlauer!“ gerade in Punkto toxische Beziehungen sehr, sehr häufig zu.

Wie ist es aber möglich, dass Betroffene nicht checken, dass ihre Beziehung sich in die falsche Richtung entwickelt?

Nun, am Anfang wirken solche Beziehungen oft wie der reinste Traum, alles scheint perfekt, man schwebt auf Wolke 7 und die ersten sich einschleichenden Warnsignale werden entweder übersehen oder schöngeredet. Der Partner oder die Partnerin trägt uns auf Händen, liest uns jeden Wunsch von den Augen ab, die Worte „Ich liebe Dich!“ werden schon sehr früh ausgesprochen, die gemeinsame Zukunft geplant und der verliebte Zweierkokon immer enger geschnürt.

Doch dann entwickelt sich das Ganze ab einem gewissen Punkt, nämlich wenn wir tief genug drinstecken, in eine ganz andere Richtung, welches Verhalten dabei zumindest für eine erhöhte Wachsamkeit sorgen sollte, beschreibe ich gleich mal.

Bei Menschen die das bereit erlebt haben, hat das übrigens oft zur Folge, dass diese zukünftig sehr auf der Hut sind. Sie reagieren dann sehr skeptisch auf allzu schöne Begegnungen, weil sie damit rechnen, dass es sicher einen Haken gibt.

Je länger wir in solch einer Beziehung stecken, die so paradiesisch begann, umso mehr versteht es meist der Partner oder die Partnerin, uns das Gefühl zu geben, wir seien undankbar, wenn wir etwas kritisieren, was uns stört usw.

Und wenn es um unser Selbstwertgefühl eh nicht so rosig bestellt ist und wir nicht gelernt haben, dass wir nein sagen oder eine eigene Meinung vertreten dürfen, zurrt sich die Schlinge immer enger um uns zu. Es fühlte sich für mich auch wirklich auf körperlicher Ebene teilweise so an, ich hatte das Gefühl, ich kann nicht mehr richtig atmen und damit meine ich nicht die typischen Atemprobleme von Paniklern.

Kommt es dann doch zu Momenten, in denen man kurz davor ist, den Absprung zu schaffen, erfolgt oftmals ein sprunghafter Sinnes- bzw. Verhaltenswechsel und die Partnerin oder der Partner verhalten sich auf einmal überaus liebevoll, zuvorkommend und, und, und.

Das wiederum hat zur Folge, dass Betroffene wahnsinnig an sich und ihrem Urteilsvermögen zweifeln, sie bekommen ein mega schlechtes Gewissen, wie sie so schlecht von diesem wundervollen Menschen denken konnten… Jede und jeder, der das mal selbst erlebt hat, bekommt bei diesen Aufzählungen glaube ich Gänsehaut, wie gesagt – hinterher und so.

 

Fakt ist: ungesunde, toxische Beziehungen können uns wirklich krank machen, psychisch und somit auch physisch. Deshalb ist es wirklich wichtig, sie frühzeitig zu erkennen.

Du kannst wie vorhin beschrieben, in jeder zwischenmenschlichen Beziehung einen Realitätscheck durchführen und genau schauen, was du fühlst, aber ich nenne auch mal ein paar typische Punkte, die darauf hindeuten, dass eine Beziehung nicht gesund ist:

 

Du kannst es deinem Partner/deiner Partnerin nie recht machen?

Immer gibt es etwas auszusetzen, egal, wie sehr du dich bemühst? Nichts ist gut genug und dir wird sogar noch unterstellt, dass du dich nicht genug anstrengst, dir nicht genug Mühe gibst?

Dir wird ständig vorgeworfen, wie du bist („Immer reagierst du so überempfindlich…!“) oder wie du dich verhältst?

Das ist sehr weit verbreitet in diesen Beziehungen. Ich habe den Fehler früher immer bei mir gesucht, war totunglücklich und dachte dennoch, ich hätte mich nur nicht genug angestrengt oder mit mir wäre etwas falsch.

 

Auch ganz typisch sind wie eben schon kurz angerissen wahre Wechselbäder der Gefühle, also extreme Stimmungsschwankungen.

 

Wie ich das meine? Ich habe mich irgendwann so gefühlt, als würde ich auf rohen Eiern laufen, immer auf der Hut, nichts falsch zu machen, weil ich nicht wusste, ob mein Partner sofort an die Decke geht oder einen guten Tag hat. Wenn ich tatsächlich mal aufmuckte, gab´s fiese Vorwürfe und Gemecker. Anschließend folgte oft ein Übermaß an Liebesbekundungen.

Die Beziehung fühlte sich dadurch wie eine Achterbahnfahrt an. Du weißt um die schönen Momente, vermisst den Menschen, in den du dich am Anfang verliebt hast und hälst gar nicht für möglich, dass sich jemand charakterlich so verändern kann, suchst die Schuld ständig bei dir. Meine Hoffnung darauf, dass es wieder so wundervoll wie am Anfang der Beziehung wird, hat dabei jedenfalls ziemlich lange durchgehalten.

Ich konnte überhaupt nicht mehr ich selbst sein. Um mich akzeptiert und geliebt zu fühlen, habe ich mich unbewusst komplett verbogen. Ich hatte perfektioniert zu erahnen, wie ich mich denn am besten verhalten sollte, um die Beziehung so schön wie möglich zu erleben. Ich war überhaupt nicht mehr ich selbst.

 

Isolation spielt ebenfalls eine große Rolle im Zusammenhang mit diesem Thema.

Wenn Du immer mehr das Gefühl hast, dass dein Partner oder deine Partnerin versucht dich zu kontrollieren, oder Dir die Treffen mit deinen Freunden oder Freundinnen madig macht, und es dann immer Stress zu Hause gibt, spielt Eifersucht eine große Rolle. Viele isolieren ihre Partner oder ihre Partnerin auch immer mehr von der eigenen Familie, säen Zweifel und sorgen mit spitzen Bemerkungen dafür, dass diese nach und nach immer mehr aufblühen.

Aber ganz egal wie sehr wir uns selbst belügen, in uns ist diese verlässliche Stimme, diese Intuition, die uns sehr wohl verzweifelt versucht zu zeigen, dass etwas nicht stimmt. Da wir das aber partout nicht wahrhaben wollen, den Schmerz, diese Enttäuschung noch nicht zulassen können, solange wir noch die Hoffnung haben, dass es wieder anders werden könnte, hat das oft zur Folge, dass wir uns aus Scham immer mehr von unserem Freundeskreis zurückziehen. Erst recht, wenn uns Freunde und Freundinnen schon gesagt haben, dass wir uns so verändert haben und dass uns der Partner oder die Partnerin offensichtlich nicht mehr gut tut.

Die Kehrseite daran ist definitiv, dass man sich dann noch abhängiger von der Beziehung fühlt, weil man sonst ja ganz alleine wäre… das Bewusstsein über diese Einsamkeit, wenn man kein soziales Sicherheitsnetz mehr hat, lässt einen über vieles hinwegsehen, glaub mir.

Was toxische Partner und Partnerinnen auch bis zur Perfektion beherrschen ist Manipulation.

Sie lügen dir dreist ins Gesicht und verdrehen Tatsachen. Außerdem ist es ganz typisch, dass sie dir wiederum unterstellen, dass etwas so wie du es darstellst, ja gar nicht gewesen wäre usw.

Sie verdrehen dabei die Realität so sehr und so überzeugend, dass du immer mehr an dir zweifelst und irgendwann nicht mehr weißt, ob du dir nicht alles nur einbildest. Sie schaffen es sogar, dass du wirklich denkst, es sei deine schuld! Ich habe vieles aufgrund meiner Prägungen und Muster mit mir machen lassen und es einfach nicht durchschaut, es war echt der Hammer, was da teilweise abgegangen ist. Obwohl ich immer kleiner wurde, die Beziehung eigentlich für meinen Partner demensprechend so verlief, wie er sich das vorstellte, war es immer noch nicht genug, das heißt, eigentlich war ich ihm nie genug. Sehr lange habe ich gebraucht um zu erkennen, dass dieser Mensch selbst das Problem war.

Und ich kann nur sagen, als ich es dann endlich sehen konnte, tat es höllisch weh!

Aber manchmal muss das wohl so sein, damit man sich dann den nächsten Schritt in eine vollkommen ungewisse und einsame Zukunft vorstellen kann. Ich konnte damals endlich ungeahnte Kräfte mobilisieren, um da rauszukommen. Wichtig an dieser Stelle: es gibt Anlaufstellen für genau diese Situationen, es gibt Unterstützung und Hilfe!

 

Wenn in toxischen Beziehungen die Bedürfnisse des einen dominant im Vordergrund stehen und die Aufgabe des anderen es ist, diese zu erfüllen, sprechen wir sogar von narzisstischem Verhalten und es gibt weitere Formen von toxischen Beziehungen:

Denn Beziehungen werden auch toxisch, wenn Menschen mit zu wenig Selbstbewusstsein von sich aus, ihre Bedürfnisse und Wünsche hintenanstellen, um es dem Partner recht zu machen, um liebenswert zu sein. Mir war lange nicht klar, wie sehr die Erfahrungen aus meiner Kindheit sämtliche weiterhin mein Leben beeinflussten. Ich war es von klein auf an gewohnt gewesen, quasi immer schon im Voraus zu wissen, wie andere gerade drauf sind und was sie brauchen, damit ich wertgeschätzt, liebgehabt werde. Damit ich nicht schmerzhaft ignoriert oder mit Liebesentzug gestraft werde. Ich wuchs also, wenn man so will, bereits in einer toxischen Beziehung auf.

Bereits als Kind hatte ich es durch vorauseilende Gefälligkeit perfektioniert, unschöne Situationen zu vermeiden, war absolut angepasst und organisiert, so dass alles immer vorzeigemäßig lief und ich allen Anforderungen und Wünschen als liebe Tochter entsprach. Lange Zeit, ohne davon auch nur im Ansatz etwas zu ahnen, übertrug ich das später auf alle anderen Beziehungen in meinem Leben, und zwar, ganz wichtig: auch wenn mir jemand gar nichts Böses wollte.

Es kann schmerzhaft sein, so etwas herauszufinden und dann in die Umsetzung zu gehen, daran endlich etwas zu ändern.

 

Aber warum auch immer eine Beziehung sich für uns toxisch entwickelt, so dass wir zutiefst unglücklich und verzweifelt sind: natürlich stellt sich in so einer Situation dann auch die Frage, ob diese Beziehung zu retten ist oder ob es keinen Sinn mehr hat.

 

Oft können wir aus unseren Mustern und Prägungen nur herauswachsen, wenn wir nicht weglaufen, sondern genau das lernen, was uns vorher nicht möglich war. Dazu braucht es dann aber auch einen Partner oder eine Partnerin an der Seite, der oder die bereit ist, bei sich selbst genauso ehrlich hinzusehen, zu reflektieren und sich gemeinsam weiterzuentwickeln. Dann birgt so eine Situation auch unglaubliches Potential. Allerdings ist das wohl sehr, sehr selten.

Es gibt noch eine weitere toxische Beziehung, die noch viel zu wenig thematisiert wird:

Das ist die toxische Beziehung, die viel zu viele Menschen, ganz besonders Menschen mit psychischen Erkrankungen zu sich selbst haben!

 

Viele Menschen haben wahrlich unmenschliche Anforderungen an sich selbst, kritisieren sich ständig und sind sich selbst der ärgste Feind oder die ärgste Feindin. Erst recht natürlich, wenn wir in den eigenen Augen auch immer wieder versagen, warum sonst haben sie so eine „Kopfsache“?

24/7 mit sich selbst im Dauerklinsch, der Selbstwert sackt immer mehr in den Keller, von Selbstliebe können die meisten dann nur noch ungläubig träumen… sie vergiften sich immer mehr. Denn wenn auch hier gilt, dass nichts gut genug ist, dass sie immer schuld sind und dass alle anderen es so schwer mit ihnen haben, sie sich verbiegen und verleugnen, nur um in irgendein Raster zu passen, von dem ihnen irgendwann mal weißgemacht wurde, dass es erstrebenswert ist, genau das zu erreichen, dann kann das nur ungesund sein.

„Als ich mich selbst zu lieben begann“, kennst du den Text?

Wenn nicht, lies dir im Anschluss an diese Folge den zauberschönen Text mal durch, du findest ihn im Internet sofort, wenn du die ersten Zeilen eingibst und dabei ist es vollkommen unwichtig, wer ihn nun tatsächlich geschrieben hat…

Selbstakzeptanz und Selbstliebe sind wesentliche Faktoren dabei, wie wir in Beziehungen mit uns umgehen lassen. Menschen, die sich selbst als wertvoll empfinden, die wissen, dass sie es verdienen, respektvoll und auf Augenhöhe behandelt zu werden, merken sehr viel schneller, wenn ihnen zwischenmenschliche Beziehungen eher schaden.

Du verdienst es, absolut respektvoll und wertschätzend behandelt zu werden. Und in gesunden Beziehungen spielt Gleichberechtigung und ein ausgeglichenes Geben und Nehmen in Bezug auf Kompromisse, die nun mal dazugehören, eine große Rolle.

Wenn du von einer oder mehreren toxischen Beziehungen in deinem Leben betroffen bist, wirst du beim Lesen dieses Artikels sicherlich mehr als einmal ein ziemlich mulmiges Gefühl in dir gespürt haben. Bitte ignoriere das nicht!

Du bist wertvoll und liebenswert, genauso, wie du bist.

Lass dir von niemandem etwas anderes einreden – schon gar nicht von dir selbst!

Last, but not least:

Gesunde Beziehungen sind wichtig für uns. Wenn Du erkannt hast, dass Du in einer toxischen Beziehung steckst, tausche Dich mit anderen dazu aus.

Oft sind wir durch eine toxische Beziehung aber vereinsamt und haben niemanden, dem wir uns anvertrauen mögen und schämen uns sogar, dass wir „das haben mit uns machen lassen“. Aber Du trägst keine Schuld daran, wenn ein Mensch sich Dir gegenüber nicht richtig verhalten hat oder verhält.

Baue Dir ein neues Netz auf und verbringe Zeit mit Menschen, die Dir gut tun und die verständnisvoll sind. Geborgenheit. Vertrauen, Wertschätzung. Gegenseitiger Respekt. Das und vieles mehr zeichnet gesunde Beziehungen aus. Und Du verdienst all das!

Im Safe Space unserer App kannst Du Menschen kennenlernen, für die Awareness und ein verständnisvolles Miteinander ganz wichtig sind. Werde Teil unserer besonderen Community!

Wir freuen uns auf Dich!